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„The Archive of Possible Lives“ ist ein künstlerisches Forschungsprojekt an der Schnittstelle von KI, Biografie und sozialer Vorstellungskraft. Es sammelt nicht die Vergangenheit, sondern das Potenzial: alternative Biografien, Abweichungen, verpasste Gelegenheiten, mutige Entscheidungen, die hätten getroffen werden können. Jede „mögliche Vita“ ist eine begehbare Hypothese über Identität. Im Zentrum steht eine Installation, die Besucher dazu einlädt, ihr eigenes Leben als Vektorraum zu betrachten: Ausgehend von einigen bewusst ausgewählten Parametern generiert eine KI biografische Möglichkeitsräume. Diese werden als prägnante poetische Fragmente präsentiert, die weder wahr noch falsch, sondern statistisch plausibel sind. In Form von gedruckten Karten entfalten sie sich zu Erzählungen, die Schritt für Schritt durch die Schubladen des Archivs führen. Jeder Ausdruck ist ein Fragment einer möglichen Identität, ein Szenario, das sich selbst weiter schreibt. Die Besucher sammeln so einen individuellen Weg durch das Archiv, bestehend aus einer Abfolge von Entscheidungen und algorithmischen Zufällen. Am Ende steht eine tiefe Karteikastenbox, aus der jeder Besucher eine letzte Karte entnimmt. Sie lautet: Die Wahrheit liegt in dir. Während die Schubladen mit ausgedruckten "wahrscheinlichen" Leben überquellen, weist diese Karte auf den einzigen Ort hin, an dem Gewissheit bleibt – das eigene Innere.

Auf diese Weise lässt uns das Werk erleben, wie künstliche Intelligenz unsere Beziehung zur Realität verändert: von Gewissheit zu Wahrscheinlichkeit, von Wahrheit zu Erzählung. „The Archive of Possible Lives“ ist zugleich ein künstlerisches Experiment, ein soziales Labor und eine Reflexion darüber, wie Algorithmen dazu beitragen, die Biografien von morgen zu schreiben.

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Florian Mehnert Installation View, Florian Mehnert 2025